Archiv für den Monat Juni 2022

Inflationsausgleichsversuch

Seit einigen Wochen und Monaten kennen die Preise nur noch eine Richtung. Nach oben. Das nennt man Inflation. Alles wird teurer und früher war alles besser.
Jeder will irgendwie regelmäßig eine Gehaltserhöhung und jeder braucht sie aufgrund der blöden Inflation ja auch.
Die letzten Jahrzehnte war das ein mehr oder weniger ausgeglichenes System, meist mit kleineren Nachteilen für die Arbeitnehmerschaft, hat aber trotzdem irgendwie funktioniert.
Damit ist jetzt Schluss. Seit Dank der Pandemie, Lockdowns, Russlandkrieg usw. die bisherige Welt ins Schwanken geraten ist gibt es einige Marktbeteiligte (=Firmen und ganze Branchen) die meinen, dass ihre bisherigen 10% Gewinn pro Jahr nicht mehr ausreichen und man den Satz ja eigentlich auch verdoppeln könnte. Oder verdrei- und x-fachen.
Zum Ausgleich muss mal wieder der Staat her und regulativ eingreifen. Von der SPD Seite her kommen die zusätzliche Zuwendungen, die man irgendwann mal im Herbst als Steuerpflichtiger auf seinem Gehaltszettel sehen kann, die Grünen haben ihr 9 Euro Ticket durchgesetzt und die Liberalen versuchen es mit einer Neuauflage der Mövenpicksteuer, diesmal nur eben für die Mineralölkonzerne. Wir reduzieren den Steuersatz in der Hoffnung, dass die Konzerne die Ersparnis an den Kunden weitergeben und so die Inflation reduziert wird.
Ist das jetzt eigentlich so überraschend, dass die das so nicht tun?
In der Volkswirtschaftslehre zum Kapitel Preisfindung konnte man früher lernen, dass die Firmen ihre Preise in der Regel so auslegen, dass sie zu einem optimalen Umsatz den maximalen Gewinn rausholen. Der entscheidende Punkt dabei ist den Preis für sein Produkt zu finden, bis zu dem die Kunden bereit sind ihn zu bezahlen, ohne sich mengenmäßig einzuschränken oder gar gänzlich zu verweigern. Und offensichtlich sind die Ölkonzerne derzeit der Meinung, dass die 2€ Marke für den Liter Diesel hier die die Zutreffendere ist. Da kann einem offensichtlich der Staat hier nicht regulativ unter die Arme greifen, sondern kann nur noch der Kunde selbst. Wenn dir als Autofahrer der Spritpreis zu hoch ist, brauchst Du eben die alternative Fortbewegungsvariante Fahrrad, per pedes oder ÖPNV. Oder du bleibst zu Hause. Da ist´s ja meist auch schön. (ja ich weiß: meist leichter gesagt als getan).
Mein privates Beispiel für diese maximale Obergrenzenthematik ist Rama. Bis vor zwei Jahren oder so kostete der 1 Pfundbecher noch 99Cent. Irgendwie kamen die Produzenten dann auf den Trichter, dass das wohl nicht mehr die Herstellkosten deckt und verteuerten ohne weitere Kommentare den Becher auf 1,19€, dann 1,29, mittlerweile sind wir nach 1,59€ nun bei 1,99€ angekommen.
Ich greife nach jeder erkannten Preiserhöhung in der Regel spontan und aus Trotz lieber zu Konkurrenzprodukten, nur um dann nach kurzer Zeit doch wieder bei Rama zu landen. Ist halt einfach so, ich akzeptier das, auch wenn sich mein Gehalt in so kurzer Zeit nicht verdoppelt hat.
Bei Rittersport Nougat zum Beispiel hänge ich gedanklich immer noch der Zeit hinterher, in der es die Tafel für 69Cent gab. Heute lass ich die 1,19€-Tafel im Laden liegen. Solln sie behalten. Da klappt das bei mir nicht so einfach mit dem „so ist das halt akzeptieren“. Pech für den Konzern.
Logischerweise gibt es auch bei mir genau das gegenteilige Verhalten bei anderen Produkten, die mir vermeintlich wirklich wichtig sind. So hat wohl jeder seine eigenen Schmerzgrenzen.
Zum Glück muss ich mich privat ja nicht wirklich allzu doll mit der Thematik auseinandersetzen. Unser privater Wochenendeinkauf sieht immer noch so aus, dass wir zum Supermarkt fahren, ich den Gatten rauslasse und selber auf dem Parkplatz draußen warte. In Vor-Corona-Zeiten war das noch anders, da musste ich immer mit rein und dann mit Schnute rumstehend auf den Chefeinkäufer warten. Aber seit Corona hat der Chefeinkäufer vollstes Verständnis, wenn ich sage, ich warte lieber draußen, Gefahrenminimierung und so weiter. Ich bekomm die aktuelle Preisentwicklung immer nur mit, wenn Gatte die Partnerkreditkarte durch das Gerät zieht und die Mailbenachrichtigung über den neuen Kartenumsatz noch schneller auf meinem Telefon als er mit dem Warenkorb draußen am Auto ist.
Aber irgendwie drifte ich hier ab. Eigentlich wollte ich doch über unsere FDP geführte Ampelregierung (*grins*) philosophieren und ausdrücken, was die mal wieder falsch gemacht haben.
Die von der SPD durchgedrückte Reduzierung der EEG-Umlage entlastet zwar augenscheinlich den Bürger, sie wird aber mehr oder weniger durch die Gesamtpreisentwicklung mehr als aufgezerrt und verpufft daher.
Der FDP-Vorschlag der zeitlich begrenzten Reduzierung der Besteuerung von Mineralölprodukten ist der Megabärendienst für den Steuerzahler, da er jetzt von den Ölkonzernen nicht weitergegeben wird und wenn der Rabat nach drei Monaten nicht mehr greift, eins zu eins an den Kunden weitergegeben werden wird. Im Endeffekt werden wir dann 15% ig höhere Spritpreise sehen, als vor dem Versuch, den Bürger zu entlasten.
Das 9€ Ticket ist aus meiner Sicht der richtige Weg, nur die zeitliche Begrenzung muss weg. Irgendwer hat mal gemeint, dass das jetzige 3 Monats Projekt rd. 2,5 bis 3 Mrd. kostet. Wenn man das auf das Jahr betrachtet, wären das gerade mal 10 bis 12 Mrd. Steuerzahlerkosten. Was wäre so schlimm daran, sich das aus umweltpolitischer Sicht zu leisten?! Aus dem gleichen Grund sehe ich natürlich auch die FDP-Tankrabattdiskussion etwas gelassener: Früher oder später wird es der Umwelt zugutekommen, weil die Leute sich das Tanken einfach nicht mehr leisten können und sich dann anders fortbewegen werden.
Um zum Titelthema „Inflationsausgleichsversuch“ zurückzukommen: 0,25% Zinsantieg durch die EZB verordnet ab Juli. Ehrlich jetzt?! Wo hat das EZB Direktorium eigentlich ihr Volkswirtschaftswissen her? Ich denke, so lange wir mit den derzeitigen interessengeleiteten EZB Chefs geschlagen sind, brauchen wir wohl keine andere Situation erwarten.